Dieses Projekt ist Ausdruck von Verfassungslosigkeit. Fassungslos machen uns extensive Eingriffe in Grundrechte, Angriffe auf den Rechtsstaat und massive Einsparungen in der Justiz. Wir Jurist*innen und aufmerksame Beobachter*innen wollen allerdings nicht in Schockstarre verweilen, sondern sehen uns vielmehr in der Verantwortung, bei rechtspolitischen Entwicklungen genauer hinzusehen, sie kritisch zu hinterfragen und gegebenenfalls unverhältnismäßige oder verfassungswidrige Vorgänge klar zu benennen. weiterlesen
Verfassungslos
ÖMRK statt EMRK? Ein blauer Traum zu Ende geträumt
Es ist die Aufgabe jeder Bundesregierung, die Gewährleistung der Grund- und Menschenrechte durch die einfache Gesetzgebung sicherzustellen und auszugestalten. Auf welche Weise an diese Aufgabe herangegangen wird, hängt von der politischen Ausrichtung der Regierenden ab und sollte nicht unreflektiert bleiben. Neben dem Staatsgrundgesetz (StGG) ist die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) der wichtigste Grundrechtskatalog in Österreich. Anlässlich der Nationalratswahl 2017 outete sich eine der wahlwerbenden Parteien als „natürlicher“ Feind der EMRK: Die FPÖ forderte in ihrem Wahlprogramm eine „Evaluierung der Europäischen Menschenrechtskonvention und gegebenenfalls Ersatz durch eine Österreichische Menschenrechtskonvention, die auch das Heimatrecht der Österreicher schützt.“ weiterlesen
Es ist schon wieder was passiert – im Asylrecht
Wieder einmal ist das Asylgesetz Gegenstand von Novellierungsvorhaben. Schon im Regierungsprogramm wurden Verschärfungen angekündigt, die sich im kürzlich ergangenen Gesetzesentwurf manifestiert haben. Dabei unterliegt gerade dieses als besonders sensibel geltende Gesetz, für welches Kontinuität sehr wichtig und der Vertrauensschutz hochzuhalten wäre, seit seiner Erlassung 2005 einem „stakkatoartige[n] Aufeinanderfolgenlassen von Novellen“ (ehemaliger VfGH-Präsident Gerhart Holzinger). Dies ist freilich allen Regierungen seit 2005 anzulasten. Flüchtende haben daher nur wenige Möglichkeiten, sich im Vorhinein zu informieren, welche Aussichten sie tatsächlich auf Asyl, subsidiären Schutz oder ein Bleiberecht haben. Erschwert wird auch die Vorhersehbarkeit behördlicher und gerichtlicher Entscheidungen, die Entwicklung einer gefestigten Rechtsprechung oder eine ausgedehnte Behandlung durch die Lehre. weiterlesen
Die größte „Rechtsbereinigung“ in der österreichischen Geschichte: Normenabbau ohne demokratischen Diskurs
Schon die Benennung des Ressorts von Minister Josef Moser als Bundesministerium für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz verdeutlicht den Ruf nach „Deregulierung“. Eine solche Namensgebung ist im internationalen Vergleich höchst selten und verdeutlicht den Stellenwert des ambitionierten Projekts der „Rechtsbereinigung“. Der Ministerialentwurf wurde am 30. April 2018 im Parlament eingebracht. Darüber, wie dieses Vorhaben zu bewerten sei, herrscht auch unter Jurist*innen große Uneinigkeit. weiterlesen
Der Bundestrojaner im Grundrechtscheck
Am 20.4.2018 wurde im Nationalrat ein aus zwei Änderungsgesetzen bestehendes „Sicherheitspaket” beschlossen, das wohl treffender als Überwachungspaket zu bezeichnen ist. Laut epicenter.works, einem spendenfinanzierten Verein, der sich für Datenschutz und Schutz der Privatsphäre einsetzt, schaffen die darin beschlossenen Maßnahmen zunehmend das Bild, dass Österreich in einen Polizei- und Überwachungsstaat umgebaut wird: Beispielhaft dafür werden die Anlassdatenspeicherung („Quick-Freeze“), eine Rechtsgrundlage
für den IMSI-Catcher (Funkzelle zur Lokalisierung von Mobiltelefonen), die Straßenüberwachung, die Registrierungspflicht von Prepaid-SIM-Karten, die Beschränkung des Briefgeheimnisses und die Videoüberwachung genannt. Zu den besonders eingriffsintensiven und bedenklichen Maßnahmen zählt der Bundestrojaner, der hier näher dargestellt und dessen Grundrechtskonformität erörtert werden soll.
Erst die Kür, dann das Recht: Die Auswirkungen der Neubestellungen an den VfGH
Zu Beginn des Jahres 2018 stieß die Bestellung zweier neuer Mitglieder des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) in der Öffentlichkeit auf heftige Kritik. Mit der Erreichung der Altersgrenze von 70 Jahren gingen drei VfGH-Richter*innen, darunter der damalige Präsident des VfGH Gerhart Holzinger, in den Ruhestand. Somit erfolgte eine Ausschreibung von drei neu zu besetzenden Stellen. Aus Art 147 Abs 2 B-VG ergibt sich jeweils ein Vorschlagsrecht für Nationalrat, Bundesrat und Regierung. weiterlesen