Große Fische – Keine Netze

Die sinkende Körperschaftssteuer und Steuervermeidung multinationaler Konzerne in der EU

Wie kommt es, dass gerade multinationale Konzerne wie Alphabet (Google Muttergesellschaft), Apple, Facebook und Co. trotz Erwirtschaftung höchster Unternehmensgewinne in der EU prozentual am wenigsten Körperschaftssteuer (KöSt) zahlen?

Von Körperschaften (z.B. GmbH und AG) erwirtschaftete Gewinne sind zu versteuern (KöSt). Da das für MNEs (multinationale Konzerne) natürlich unangenehm ist, finden sie regelmäßig Schlupflöcher, um sich vor einem angemessenen Beitrag zu einem funktionierenden Sozialstaat zu drücken und stattdessen ihre Profite zu maximieren. Die Möglichkeiten der Steuervermeidung durch MNEs sind höchst problematisch. Parallel dazu findet ein sogenanntes race to the bottom statt, bei dem sich die Staaten gegenseitig mit immer niedrigeren Körperschaftssteuern unterbieten.

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Frauenrechte unter Beschuss

Der Schwangerschaftsabbruch in unserer Republik: mindestens so „heiß umfehdet, wild umstritten”, wie es Österreich laut seiner Bundeshymne selbst ist. Schon in der Zwischenkriegszeit kamen erste öffentliche Debatten dazu auf.1Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs (Hrsg), Programm der sozialdemokratischen Partei Deutschösterreichs, 1926, IV: Punkte Frauenfrage & Bevölkerungspolitik. Erst in den 70er Jahren konnte jedoch durch eine umfassende Straf- und Familienrechtsreform eine Rechtslage geschaffen werden, die uns bis heute im Großen und Ganzen erhalten blieb. Seither wird rege diskutiert, ob die in Deutschland schon verwirklichte Idee einer Indikationenlösung, also die Straffreiheit des Abbruches der Schwangerschaft bei Erfüllung bestimmter tatbestandsmäßiger Indikationen, auch in Österreich umgesetzt oder ob stattdessen einer Fristenlösung der Vorzug gegeben werden sollte. Bei einer solchen ist der Abbruch innerhalb eines gewissen Zeitraums – üblicherweise ab der Einnistung gerechnet – straffrei.

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Quellen   [ + ]

1. Sozialdemokratische Arbeiterpartei Deutschösterreichs (Hrsg), Programm der sozialdemokratischen Partei Deutschösterreichs, 1926, IV: Punkte Frauenfrage & Bevölkerungspolitik.

„Null-Toleranz-Botschaften sind leere Schlagworte”

Oliver Scheiber im Interview zur Lage der Justiz und Reform des Strafrechts.

Strafverschärfungen sollen den Gewaltschutz fördern. Doch wie wirksam ist diese Herangehensweise wirklich? Valentina Klemen und Ricardo Parger trafen den Strafrichter Oliver Scheiber, um über die tägliche Praxis bei Gericht, die geplante Strafrechtsreform sowie über den gesellschaftlichen Umgang mit Gewalt zu sprechen.

Parger: Herr Scheiber, Sie sind nicht nur Gerichtsvorsteher an einem Bezirksgericht in Wien, sondern engagieren sich auch außerhalb dieser Tätigkeit. Inwiefern dürfen oder sollen sich Richter öffentlich politisch äußern?

Scheiber: Wenn ich bei mir persönlich beginne, dann war zivilgesellschaftliches Engagement stets ein wichtiger Teil meiner Persönlichkeit und meines Agierens. Selbstverständlich erfordert der Richterberuf eine Menge besonderer Verpflichtungen und Rücksichtnahmen. Diese ergeben sich zum Teil aus dem Gesetz: Zum Beispiel dürfen Richter*innen keine Vorstandsfunktionen in Kapitalgesellschaften annehmen, müssen eine ethische Herangehensweise bei öffentlichen Auftritten an den Tag legen und auch eine gewisse Distanz zu politischen Parteien haben. Wichtig ist eine saubere Trennung [von beruflicher Tätigkeit und privatem Engagement] und Professionalität im Beruf. Grundsätzlich würde ich jedoch aus meiner Biographie heraus sagen, dass der Beruf des Richters/der Richterin ein zivilgesellschaftliches Engagement nicht ausschließen darf und im Sinne der freien Meinungsäußerung auch nicht ausschließen kann.

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„Demos vs. Mobilität“ – Mit Vollgas gegen Grundrechte

Die Veranstaltung am Juridicum beginnt erfrischend ungewohnt: Anstelle der obligatorischen Vorstellung der Podiumsgäste (gewohnt weiße Männer in fortgeschrittenem Alter) zeigt die Moderation Memes, also jene satirischen Textbildscheren, die man normaler Weise von Facebook und Co kennt. Studierende haben sie im Vorfeld der Diskussion im ganzen Gebäude aufgehängt, um ihren Protest gegen die einseitige Ausrichtung der Podiumsdiskussion auszudrücken. Denn der ÖAMTC hat gemeinsam mit der Tageszeitung Die Presse eine Diskussion unter dem provokanten Titel „Demos vs. Mobilität – Was hat Vorrang?“ ausgerichtet. Angekündigte Impulsvorträge à la „Ist das Versammlungsgrundrecht ‚unantastbar‘?“ oder „Mobilität = Kaufkraft“ haben diese Reaktionen geradezu herausgefordert, die Podiumsbesetzung mit hochrangigen Vertretern des ÖAMTC, der Wirtschaftskammer und der Wiener Polizei dazu auch ihren Beitrag geleistet. Die Stimmung wird während der ganzen Veranstaltung hitzig bleiben – auf der einen Seite ein Podium, das Änderungen der Versammlungsfreiheit diskutieren möchte, und auf der anderen Seite der große Teil des Publikums, der diese Initiative hinterfragt.

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Editorial Ausgabe #2 Verfassungslos

Im letzten Sommersemester haben wir die Zeitschrift Verfassungslos ins Leben gerufen, um unserer Kritik an der aktuellen Rechtspolitik Ausdruck zu verleihen. Ein gutes Jahr nach Angelobung der schwarz-blauen Bundesregierung ist diese Motivation unverändert: Gleichheitswidrige Maßnahmen, extensive Grundrechtseingriffe und den „neuen“, teilweise parlamentsfeindlichen Stil in Gesetzgebungsverfahren halten wir für ernstzunehmende Angriffe auf unseren Rechtsstaat. weiterlesen

Die Bundesregierung und der Parlamentarismus

„Allein ich glaub’, du hält’st nicht viel davon…“ – Faust I, Vers 3417.


Der zweite Tagesordnungspunkt der Nationalratssitzung vom 22. November 2018 behandelt das Pensionsanpassungsgesetz 2019. Die Debatte wird eröffnet, es folgen zwei Wortmeldungen zum Inhalt des Gesetzes. So weit, so unspektakulär. Doch dann meldet sich als dritter Redner der SPÖ-Abgeordnete Jörg Leichtfried mit einer hoch emotionalen Rede zur Geschäftsbehandlung zu Wort. Die Bundesregierung gehe mit Gesetzgebungs-Usancen um, als hätte es diese nie gegeben. weiterlesen

Direktdemokratische Dämmerung?

Verfassungsrechtliche und demokratiepolitische Chancen und Grenzen einer Demokratiereform unter Schwarz-Blau II


Die schwarz-blaue Bundesregierung hat sich in ihrem Regierungsprogramm darauf verpflichtet, die Demokratie zu stärken. Ermöglicht werden soll dies durch einen schrittweisen Ausbau und eine Verknüpfung der beiden direktdemokratischen Mechanismen Volksbegehren und Volksabstimmung. Dieses Vorhaben ist demokratiepolitisch von grundsätzlicher Bedeutung, hält man sich vor Augen, dass es mittlerweile schon über 10 Jahre her ist, dass Colin Crouch den Begriff der „Postdemokratie“ einführte, um darauf hinzuweisen, dass eine weit verbreitete Politikverdrossenheit bis hin zu einer Ablehnung etablierter politischer Parteien und des Parlamentarismus überhaupt grassiere.1Crouch, Post Democracy (2004). In Österreich wurde 2014 auf die Verbreitung antipolitischer Ressentiments mit der parlamentarischen Enquete-Kommission zur Stärkung der Demokratie reagiert, die 2015 konkrete Empfehlungen abgegeben hat.2Abschlussbericht der Enquete-Kommission betreffend Stärkung der Demokratie in Österreich 791 BglNR 25. GP. In diesen Empfehlungen findet sich eine Aufwertung des Volksbegehrens durch eine ernsthaftere Behandlung im Parlament, jedoch keine daran gekoppelte automatische Volksbefragung, was die damalige Opposition scharf kritisierte3 Parlament, Demokratiereform: Enquete-Kommission legt Abschlussbericht vor, Parlamentskorrespondenz vom 16.9.2015, https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2015/PK0952/index.shtml (abgefragt am 27.12.2018). und die Bundesregierung nun umsetzen will.

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Quellen   [ + ]

1. Crouch, Post Democracy (2004).
2. Abschlussbericht der Enquete-Kommission betreffend Stärkung der Demokratie in Österreich 791 BglNR 25. GP.
3. Parlament, Demokratiereform: Enquete-Kommission legt Abschlussbericht vor, Parlamentskorrespondenz vom 16.9.2015, https://www.parlament.gv.at/PAKT/PR/JAHR_2015/PK0952/index.shtml (abgefragt am 27.12.2018).

Ehe für alle – der VfGH wird’s schon richten

„Ich will nicht, dass der Franz den Lois heiratet, damit sie den Sepp adoptieren können.“1Red, Dolm der Woche. Manfred Haimbuchner Chef der Freiheitlichen in Oberösterreich, falter 2017/27, https://www.falter.at/archiv/FALTER_20170705D048C909D3/manfred-haimbuchner-chef-der-freiheitlichen-in-oberosterreich (abgefragt am 09.12.2018). Seit dieser Aussage von Manfred Haimbuchner im Juni 2017 ist viel passiert. Im Dezember 2017 hob der Verfassungsgerichtshof (VfGH) unter anderem die Wortfolge „verschiedenen Geschlechts“ in § 44 Allgemeines Bürgerliches Gesetzbuch2Allgemein Bürgerliches Gesetzbuch JGS 1811/946 idF 2018/58. (ABGB) und „gleichen Geschlechts“ in § 2 Eingetragene Partnerschaft-Gesetz3Eingetragene Partnerschaft-Gesetz BGBl I 2009/135 idF BGBl I 2017/161. (EPG) als verfassungswidrig auf.4VfGH 4.12.2017, G 258/17 ua. Dem ging ein langwieriger und teils mühsamer Prozess voraus.

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Quellen   [ + ]

1. Red, Dolm der Woche. Manfred Haimbuchner Chef der Freiheitlichen in Oberösterreich, falter 2017/27, https://www.falter.at/archiv/FALTER_20170705D048C909D3/manfred-haimbuchner-chef-der-freiheitlichen-in-oberosterreich (abgefragt am 09.12.2018).
2. Allgemein Bürgerliches Gesetzbuch JGS 1811/946 idF 2018/58.
3. Eingetragene Partnerschaft-Gesetz BGBl I 2009/135 idF BGBl I 2017/161.
4. VfGH 4.12.2017, G 258/17 ua.

Der Zwang zur Freiheit

Das Kopftuchverbot im Kindergarten – Analyse und Ausblick

Im Mai 2017 bringt der damalige FPÖ-Klubobmann Heinz-Christian Strache mit anderen Abgeordneten am Rande des Beschlusses des Anti-Gesichtsverhüllungsgesetzes (AGesVG) einen Entschließungsantrag° im Parlament ein: Der Nationalrat soll die Bundesregierung auffordern, einen weitergehenden Gesetzesvorschlag auszuformulieren. In dem Antrag ist von einem „Maßnahmenbündel zur Verteidigung unserer Heimat“1858/UEA BlgNR 25. GP 1. und einer „islamistische[n] Bedrohung“ die Rede, die von „Terror bis zur Zurschaustellung religiöser Symbole reicht“2858/UEA BlgNR 25. GP 1.. Die Forderung daher: ein Verbot von Kopftüchern „als Ausdruck muslimischen Glaubens“ in Kindergärten, Schulen, Universitäten und im öffentlichen Dienst.3858/UEA BlgNR 25. GP 1

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Quellen   [ + ]

1, 2. 858/UEA BlgNR 25. GP 1.
3. 858/UEA BlgNR 25. GP 1

Sicherheit für wen?

Kritik an der Polizeipraxis des Racial Profiling


Mit dem Versprechen von „Sicherheit“ werden weltweit Wahlen gewonnen. Die Instrumentalisierung durch die Verknüpfung mit dem „Kampf gegen Terror“ und einer strengen Asyl- und Zuwanderungspolitik in der Rhetorik von Populist*innen führt zur Verstärkung rassistischer Vorurteile und zu der Frage: Für wen soll diese Politik mehr Sicherheit schaffen?1Vgl Stellungnahme von Rami Ali im Zuge der Podiumsdiskussion „Rassistische Polizeikontrolle – #nichtmituns“ vom 23.10.2018, Junge Linke Wien. Während sich Teile der Gesellschaft durch verstärkte Polizeipräsenz und verschärfte Zuwanderungspolitik sicherer fühlen, werden Angehörige verschiedener Minderheiten zunehmend Opfer von Diskriminierungen – sowohl durch Mitmenschen als auch durch die Staatsgewalt.

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Quellen   [ + ]

1. Vgl Stellungnahme von Rami Ali im Zuge der Podiumsdiskussion „Rassistische Polizeikontrolle – #nichtmituns“ vom 23.10.2018, Junge Linke Wien.